The King's Christmas - Barocktrompeten Ensemble Berlin

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The King’s Christmas
Weihnachten am Hof der englischen Könige

Barocke Festmusiken für Trompeten, Pauken & Percussion, Posaunen, Theorben & B.c.


Eine Produktion "made in Berlin" bietet warme Klänge und lyrische Farben. Auch und gerade mit Trompeten in barocker Tradition. Bewertung: höchste!
Aus der Bundeshauptstadt kommt eine außergewöhnliche Weihnachts-CD mit alter Musik aus dem England der Tudors und Windsors. Das Barocktrompeten Ensemble Berlin unter Leitung von Johann Plietzsch hat seine neue CD "The King's Christmas" genannt. Die Musiker, die sämtlich auf alten Instrumenten spielen, haben eine spezielle Darstellungsform gefunden, wie "Weihnachten am Hof der englischen Könige" geklungen haben könnte...

Glanzvoll strahlend, nicht metallen
Ein Wechselbad der Gefühle lässt uns die CD durchleben - zwischen dem Poltern und Strahlen der Blechbläser und der atemberaubend intimen Zartheit zweier Lauten. Eine satte warme Klangatmosphäre bietet diese Produktion "made in Berlin". Sowohl durch die perfekt beherrschten alten Instrumente, die zwar Nachbauten sind, aber so rund und weich klingen als handele es sich um Streichinstrumente. Und zudem auch in der Aufnahme, die auf natürliche Wirkung großen Wert legt, nicht zu viel metallenen Glanz hineinbringt, sonder eher samtene lyrische Farben.  Volker Michael, kulturradio vom RBB


The King's Christmas

Weihnachten

Ein Licht in der dunkelsten Nacht des Jahres – ein Ausdruck der Hoffnung im bitterkalten und lebensfeindlichen Winter. Mit dem Längerwerden der Tage und der Wiederkehr der Kraft der Sonne war die Wintersonnenwende ein wichtiger Punkt im Jahreskreis der Menschen der Frühgeschichte. Die Tage der Dunkelheit und Kälte waren gezählt und der zuerst zaghafte Ausblick und die Sehnsucht auf das neue Leben im Grün des Frühlings wurde mehr und mehr Gewissheit.

Die Bedeutung des Weihnachtsfestes in der christlichen Religion, als Fest der Geburt von Gottes Sohn, dem Erlöser der Welt, etablierte sich erst im 3. Jahrhundert nach Christus. Fast gleichzeitig dazu verbreitete sich, aus Asien kommend, der sogenannte Mithras-Kult schnell in Kleinasien und dann auch im ganzen römischen Reich. Dieser Glaube an den Sonnengott, dessen Sohn Mithras nach vielen Prüfungen selbst den Vater besiegt, in die Schranken weist und selber Gott wird, bestand etwa bis zum 6. Jahrhundert. Zwischen dem Mithras-Kult und der christlichen Religion mit Jesus Christus als Gottessohn und Erlöser der Menschheit bestehen erstaunliche Parallelen. Beiden ist der Erlösungsgedanke zu eigen, allerdings bedeutet das Wort „Mitra“ im alt-indischen auch soviel wie „Versprechen“ oder „Vertrag“. In der Verbindung mit dem Sonnengott könnte damit auch das Versprechen oder der Vertrag auf das nächste Sonnenjahr (Jahreskreis) gemeint sein.

So elementar wie unsere frühen Vorfahren empfinden wir heute in unserer überzivilisierten Welt nicht mehr. Der Winter hat seinen wirklichen Schrecken verloren, auch die Bedeutung der Jahreszeiten ist für unser Leben nicht mehr so groß.

Und doch hat Weihnachten, unter vielen Aspekten gesehen, einen festen Platz in unserem Leben: als Marketing – und Verkaufsevent, als Shopping-Orgie zwischen last-minute-Geschenken und dem wirklichen Nachdenken über die Wünsche der Freunde und der Familie – aber auch als Innehalten in Hektik und Rummel, als Fest der Familie, bei dem Beschenken und Bedenken in einem Gleichgewicht sind – und als gute Zeit seine Freunde zu treffen.

Neben seinen Romanen „Oliver Twist“ und „David Copperfield“, ist der englische Dichter Charles Dickens vor allem für seine „Weihnachtsgeschichte“ (engl.: A Christmas Carol) bekannt. Er personifiziert den Geist der Weihnacht in einer Art Engel. Als Geist der vergangenen, heutigen und zukünftigen Weihnacht erscheint er dem geizigen Geschäftsmann Scrooge und führt ihm in aller Eindringlichkeit sein bisheriges Leben und sein zukünftiges Sterben in drastischen Bildern vor Augen. Zutiefst beeindruckt und erschrocken ändert Scrooge sein Leben...

Dieser Geist der Weihnacht, gerade jener der vergangenen Weihnacht, soll uns auf unserer Reise in das England des 16. und 17. Jahrhunderts begleiten.

The King’s Christmas – Weihnachten am Hof der englischen Könige

Prächtig und farbenreich ist die Tradition der höfischen Bläsermusiken im England des 16. und 17. Jahrhunderts. Trompeten und Pauken, Zinken und Posaunen waren die klanglichen Höhepunkte in der musikalischen Umrahmung königlicher Feste. Die „Courtly Masques“ und die „Morality Plays“ der elisabethanischen Zeit, eine Verbindung von Theater, Tanz und Musik in inszenierter Form, sind die Grundidee für die Rekonstruktion eines historischen Weihnachtsfestes am englischen Königshof.

Doch bei allem höfischen Glanz bleibt Weihnachten das Fest der Geburt von Gottes Sohn. Die Antiphone, die das Programm führen und rahmen, sind beredtes Zeugnis der Erwartung und der Sehnsucht nach diesem Tag.

Mit der Musik der bedeutendsten Komponisten der Epoche zeigt das Barocktrompeten Ensemble Berlin die große Ambivalenz des Weihnachtsfestes: Den strahlenden Klängen, höfischer Festlichkeit und Pracht in den Werken von Byrd, Dowland und Purcell stehen die Antiphone und Consort-Sätze der frühen Elisabethanischen Zeit gegenüber – stille Einkehr und Besinnung, Vorfreude und Erfüllung!

England

England, das aufgrund seiner Insellage in der europäischen Geschichte und auch in der Musikentwicklung eine Sonderrolle einnimmt, wurde von 1485 - 1603 von der Familie der Tudors regiert. Unter ihrer Herrschaft wurden die Machtkämpfe innerhalb Englands beendet und nationale Macht und Vermögen wiedergewonnen. In diese Zeit fällt auch die Englische Reformation (ca. 1532 - 1559), die eine stärkere Unabhängigkeit Englands vom europäischen Festland symbolisiert. Besonders während der Regierungszeit von Elisabeth I.Tudor (1558 - 1603) wurde in England Kunst und Kultur ambitioniert gefördert. Dieses "Goldene Zeitalter" der Musik und Literatur hatte eine ausstrahlende Wirkung bis in die Anfänge des 18. Jahrhundert.

Die Kompositionen von „The King’s Christmas“ stammen fast ausnahmslos aus der Zeit des 16. und 17. Jahrhundert. Nur einige Werke sind in ihrer Urform aus früheren Jahrhunderten überliefert.

William Byrds (1546? - 1623) Leben und Werk fallen genau in diese Zeit. Über seine frühen Jahre ist nichts Näheres bekannt. Es wird angenommen, daß Thomas Byrd, ein Mitglied der Chapel Royal, sein Vater war. Wie zeitgenössische Berichte belegen, war er um 1575 Schüler von J.Tallis in London. Nach einer Anstellung als Organist an der Lincoln Cathedral wendet sich Byrd nach London. In seinen Londoner Jahren - ab 1570 war Byrd Mitglied der Chapel Royal - komponierte Byrd viele Dedikationsmusiken für einflußreiche Adlige des Elisabethanischen Hofes. William Byrd ist als die bedeutendste Musiker-und Komponistenpersönlichkeit der Elisabethanischen Zeit zu bezeichnen.

John Dowland (1563 – 1626) suchte lange nach der künstlerischen Anerkennung durch den englischen Hof, die ihn aber leider erst am Ende seiner Laufbahn mit der Anstellung als Hof-Lautenist [musician for the lute] im Jahr 1612 erreichte. Das Dowland während seiner Zeit in Paris im Dienst des englischen Gesandten Sir Henry Cobhams zum katholischen Glauben konvertierte, könnte auch ein Grund für die zwei vergeblichen Bewerbungen um die oben genannte Stelle gewesen sein. Da Dowland in der Zeit nach seiner Bestallung am englischen Hof kaum noch komponierte, können wir als musikalische Nachwelt dankbar für seine so späte Berufung sein. Wie viele Kompositionen wären nicht geschrieben worden! Auf seinen Reisen durch Europa hatte Dowland Anstellungen am Hof von König Christian IV. von Dänemark, beim Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel und in Kassel bei Moritz von Hessen.
John Dowland ist berühmt für seine Vokalkompositionen mit Lautenbegleitung. In darknesse let mee dwell, sein wohl berühmtestes Lautenlied wurde 1610 publiziert. Etwa 100 Werke für Laute solo sind von ihm überliefert. Dowland gilt mit seinen polyphonen Consortsätzen als ein Wegbereiter einer eigenständigen europäischen Instrumentalmusik.

In der Zeit nach dem englischen Bürgerkrieg (1642 - 1649), dem nachfolgenden Commonwealth und Protektorat, gab es mit der Rückkehr von König Karl II. im Jahr 1660 ein erneutes Aufleben musikalischer Prachtentfaltung am Hof in London. Unter König Jakob II. wurde das bereits bei Karl II. etablierte Ensemble twenty-for violins auf eine 35 Mitglieder zählende Private Music erweitert.

Henry Purcell (1659 - 1695), der wohl bedeutendste Musiker am Hof der späten Herrschaftsjahre der Stuarts, gehörte diesem Ensemble als Cembalist an. Purcells Meisterschaft zeigt sich neben dem Umfang und der außerordentlichen Bandbreite seines Schaffens von intimster Kammermusik (vokal u. instrumental) bis zu großbesetzten Chor-und Orchesterwerken, auch in der Fähigkeit, Naturbilder vollkommen in Musik zu übersetzen. Bei „Winter comes slowly“ aus “The Fairy Queen” und “Cold genius” aus “King Athur” spürt man förmlich die Kälte des Winters.

Seine bedeutendste Musik für Trompeten stammt überwiegend aus der letzten Dekade des 17. Jahrhunderts. Auf der einen Seite waren es sicherlich die italienischen Einflüsse, die Purcell in sein Schaffen aufnahm. Auf der anderen verband ihn gerade in dieser Zeit eine Freundschaft zu Matthias Shore, dem „King’s Sergeant Trumpeter“ (Oberhoftrompeter).

Über Thomas Robinsons (um 1560 – nach 1609 ?) Leben vor dem Jahr 1589 und nach 1609 keinerlei gesicherte Informationen. Er muss vor dem Jahr 1589 in den Dienst des dänischen Königshofes als Musiklehrer von Prinzessin Anna von Dänemark getreten sein. Ob er auch als Musiker am dänischen Hof gearbeitet hat, darüber gibt es keine Informationen. Robinson ist heute weniger als Komponist, sondern mehr als Musikpädagoge und Verfasser der 1603 erschienenen „School of Musicke“, einem Lehrwerk für Laute, Viola da Gamba und Gesang bekannt. Darin enthalten sind Eigenkompositionen Robinsons, sowie die Bearbeitungen von bekannten Stücken u.a. von Dowland.

Giles Farnaby (1562 – 1640) genoss seine Ausbildung vor seinem Studium in Oxford vermutlich in London. Neben Vokalkompositionen schrieb er Musik für das damals in der adligen wie bürgerlichen Hausmusik sehr populäre Virginal. Sie sind im Fitzwilliam Virginal Book überliefert und bis zur heutigen Zeit in viele andere Instrumentalbesetzungen übertragen worden.

Das Geburtsjahr von John Redford (?-1547) ist nicht bekannt. Ab dem Jahr 1525 war er Organist und ab 1534 Leiter des Chores an der St. Pauls-Cathedral in London. Neben seinen liturgischen Werken für die Orgel, komponierte Redford auch Lieder und Musik für die „courtly masquing events“ am englischen Hofe, bei denen er auch mit seinem Chor von St. Pauls musikalisch involviert war. Eines seiner meistaufgeführten Stücke am Hof war „The Play of Wit and Science“ [ a morality play], von dem Text und Musik leider nur unvollständig überliefert sind. Robert Redfords Satz „Lucem tuam“, [Emitte lucem tuam et veritatem tuam : Sende mir Dein Licht und Deine Wahrheit] ist die Vertonung eines Teils des Stufengebetes und in der Sammlung des Mulliner Book überliefert.

Christmas Carols

Die heute so selbstverständlich mit englischem Weihnachts-Brauchtum verbundenen Christmas Carols sind ein Ergebnis Jahrhunderte währender Kultur-und Musikentwicklung. Im Lauf der Geschichte waren die britischen Inseln Siedlungsgebiet ganz verschiedener Kulturen. Kelten, Skandinavier, Angelsachsen und Normannen prägten mit ihrer Kultur das Land, Vermischungen eingeschlossen. Während der Zeit der Christianisierung war die Kirche teilweise klug genug, lang tradierte heidnische Gebräuche und Rituale zu übernehmen, sie aber mit christlichen Inhalten zu füllen.

Die ersten wirklich für die Weihnachtszeit geschrieben christlichen Hymnen finden wir im Rom des späten 4. Jahrhunderts. Von Ambrosius (Erzbischof von Mailand), dem Begründer des nach ihm benannten „Ambrosianischen Gesangs“ sind viele dieser Gottesdienst-Gesänge in Wort und Musik überliefert, unter ihnen auch das „Veni redemptor gentium“ (Nun komm der Heiden Heiland).

Das englische Wort „Carol“ kommt vom lateinischen „carola“ und dann dem französischen „carolle“, das soviel wie „Kreisbewegung“ oder „Rundtanz“ meint. Diese Verbindung von Tanz und Musik war schon weit vor der Christianisierung im Brauchtum der paganen Kulturen verankert. Ob Franziskus von Assisi sich in seinen Liedern für den Gottesdienst in der Advents-und Weihnachtszeit von vorchristlichem Brauchtum hat inspirieren lassen, wissen wir nicht. Auch sind von den franziskanischen Weihnachtsliedern nur die Texte überliefert, leider nicht die Musik. Zeitgenössischen Berichten aber zufolge waren sie, innerhalb des weihnachtlichen Gottesdienstes eine Verbindung von Wort, Musik und Tanz, eine Tradition, die sich in der Folge in ganz Europa, also auch in England ausbreitete.

Im 9. und 10. Jahrhundert fand die Überlieferung der Weihnachtgeschichte in Wort und Musik immer mehr Verbreitung in den Klöstern Nordeuropas. Vielfach wurden populäre Melodien gewählt und verbreiteten sich damit noch rascher. Neben den lateinischen Hymnen entwickelte sich im 13. Jahrhundert in Frankreich und Deutschland eine große Tradition der [christlichen] Weihnachtslieder in der jeweiligen Landessprache. Die ersten schriftlich überlieferten englischen Christmas Carols [...twenty five „caroles of Cristemas“] stammen aus dem Jahr 1426, gedichtet oder dokumentiert von John Awdlay, einem Kaplan aus Shropshire. Höchstwahrscheinlich wurden diese Carols beim sogenannten „Wassailing“ gesungen, einem alten angelsächsischen Brauch, bei dem die Sänger von Haus zu Haus zogen. [ Wassail = angelsächsisch: waes to hail – be thou hale= sei bei guter Gesundheit...]. Hören Sie bei Henry Purcell’s Symphony aus „King Arthur“ genau auf den Mittelteil: die vier Posaunen-Sänger könnten auch gerade auf einer „Wassailing“ Tour sein...

Erst später bekamen die Christmas Carols eine größere Bedeutung innerhalb des kirchlichen Gottesdienstes. Der strenge Protestant Oliver Cromwell (1599-1658) sah in dieser sinnenfrohen Art der Anbetung im Gottesdienst eine Gefahr für den wahren Glauben und verhängte ein Verbot. Mit diesem Verbot und der damit verbundenen Unterbrechung der Traditionen, gingen sehr viele uralte Texte und ihre Melodien verloren. Erst mit dem Beginn des sogenannten „Viktorianischen Zeitalters“ erstarkt die Tradition der Christmas Carols in England wieder.

Das Coventry Carol stammt aus dem frühen 16. Jahrhundert. Es war Teil eines in der Stadt Coventry sehr beliebten Mysterienspiels. Die Textgrundlage bildete die Weihnachtsgeschichte nach Matthäus. Außer dem Carol, dass den Kindermord durch Herodes in Bethlehem beschreibt, ist nichts Weiteres vom Mysterienspiel erhalten geblieben.

Der Text und Melodie des Sussex Carols wurde 1684 in der Sammlung Small Garland of Pious and Godly Songs des irischen Geistlichen Luke Wadding (1588 – 1657) posthum veröffentlicht. Ob Wadding die Musik selber geschrieben hat oder sich auf eine ältere Melodie bezog, wissen wir nicht. Es ist jedenfalls eines der populärsten Christmas Carols in Großbrittanien.

Johann Plietzsch 2012

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